Die Gründerin, Autorin und Aktivistin Tijen Onaran über das Potential von Gründerinnen
Zahlreiche Studien und Reports bestätigen Jahr für Jahr, dass die Quote an Gründerinnen und die Diversität in Gründungs-Teams in der Startup-Szene gering ist und kaum mehr signifikant ansteigt. Und während eine große Zahl von Startups insgesamt scheitern, gründen Frauen und diverse Gründungs-Teams erfolgreicher. Angesichts dieser Situation müssen wir uns zwei Fragen stellen. Erstens: Warum ist das so? Und zweitens: Wie lässt sich das ändern?
Die Argumente und Gründe, die in diesem Zusammenhang oft ins Feld geführt werden, lauten fast immer gleich – und überzeugen immer weniger. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die geringe Quote von Frauen im Bereich der MINT-Fächer sowie die fehlende finanzielle Unterstützung, die Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen von Investoren erhalten.
Nicht nur zählen klischeebehaftete Themen wie das der Vereinbarkeit nicht selten zu den wichtigsten Gründen, die für eine Gründung sprechen. Vielmehr konnte eine schwedische Studie auch nachweisen, dass gerade Rollenklischees in den Köpfen der Risikokapitalgeber*innen dafür mitverantwortlich sind, dass Frauen seltener und mit weniger Kapital gefördert werden.
Die fehlende Diversität wiegt umso schwerer, weil sich gleichzeitig die Erkenntnisse über die Erfolgsfaktoren von Gründungen und Unternehmen insgesamt erhärten. Denn nicht nur sind von Frauen gegründete Startups nachweislich erfolgreicher, auch der wirtschaftliche Erfolg von diversen Teams ist größer. Gerade angesichts wirtschaftlich angespannter Zeiten sollte die Förderung von Diversität ein zentrales Anliegen sein.
In einem ersten Schritt muss Diversität stärker anerkannt werden. Denn Diversität bedeutet, Unterschiede aushalten zu können. Im Zusammenhang mit Startup-Gründungen bedeutet das ganz konkret anzuerkennen, dass Frauen anders gründen. Das zeigte beispielsweise auch der jüngste KfW-Startup-Report. Der Fokus von Startups, die von Frauen gegründet wurden, liegt beispielsweise sehr viel häufiger auf nachhaltigem Wachstum als auf schnellem Wachstum.
Bildung ist sicherlich der Schlüssel, wenn es um langfristige Veränderungen geht. Zum Beispiel kann die Förderung von unternehmerischen Kompetenzen in Schulen die Gründungsaktivität von Frauen nachhaltig begünstigen. Auch die unbewussten Stereotype, die das Handeln von Entscheidungsträgern maßgeblich beeinflussen, können durch Formate wie Unconscious-Bias-Trainings wirkungsvoll abgebaut werden.
Nicht zuletzt halte ich es für entscheidend, Gründerinnen und die Erfolge von diversen Gründungsteams stärker sichtbar zu machen. Denn Vorbilder und weibliche Role-Models spielen eine zentrale Rolle, wenn es um die Förderung von Diversität geht. Kaum etwas spricht eine so deutliche Sprache wie die Geschichten der vielen Frauen, die bereits gegründet haben und mit ihren Ideen Erfolge feiern.