6 Tipps von den Krypto-Experten Philipp Sandner und Felix Bekemeier von der Frankfurt School of Finance & Management
Dem Bitcoin wird in den letzten Wochen wieder größere Aufmerksamkeit zuteil. Dies liegt vor allem an der anhaltenden COVID-19-Pandemie, die mit massiven ökonomischen und sozialen Auswirkungen bisherige Krisen in den Schatten stellt - und die Frage nach Alternativen in verschiedenen Bereichen aufwirft. Folgende 6 Thesen verbinden die realwirtschaftlichen Entwicklungen mit der Bitcoin- und Blockchain-Welt und zeigen Potenziale für Gründer:innen auf:
1. Bitcoin und Blockchain bewirken zwar keine Wunder ...
Wirtschaftsforscher sind sich derzeit in einem Punkt einig: Die Weltwirtschaft befindet sich in einer Rezession, möglicherweise einer der tiefsten, die jemals gemessen wurde. Unsicherheit, Verschuldung und Arbeitslosigkeit nehmen weltweit zu. Die WTO rechnet für 2020 mit einem Einbruch des Welthandels um über 30%, und selbst 2021 wird es laut dem Internationalen Währungsfonds nur eine teilweise Erholung geben. Der Bitcoin und die Blockchain Technologie können daraus in der kurzen Frist keine positive Situation zaubern, trotz allem aber eine gute Perspektive für transparentere Finanzsysteme und verlässliche Werttransaktionen aufzeigen.
2. .. dennoch steigt aktuell die Nachfrage nach Kryptowährungen
Wie bereits im Jahr 2008 ist aktuell davon auszugehen, dass Regierungen und Notenbanken mit immensen Konjunkturpaketen und expansiver Geldpolitik versuchen werden, die negativen wirtschaftlichen Folgen des Coronavirus abzufedern. Dabei wird der Verschuldungsgrad von dutzenden Ländern zwangsläufig bedrohlich ansteigen. So viel Liquidität in den Märkten wird früher oder später auch die Kaufkraft beeinträchtigen. Diese befürchtete Entwertung kann dem Bitcoin als neue Anlageklasse zum Aufschwung verhelfen - und bietet großes Potenzial für die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und die Gründung von Startups in diesem Bereich.
3. Bitcoin macht dem Gold als sichere Anlage Konkurrenz
Im Zuge der rasanten Weiterentwicklung unseres Finanzsystems und der unterliegenden Transaktionsinfrastrukturen, könnte der Bitcoin das Gold nun in der mittleren Frist als ultimatives Wertaufbewahrungsmittel verdrängen. Der Grund dafür liegt in den inhärenten und technischen Charakteristika des Bitcoin, die die besten Charakteristika (insbesondere die Knappheit) von Gold spiegeln, aber gleichzeitig auch einer digitalen, globalen Wirtschaft gerecht werden. Kann in diesem Zusammenhang der Bitcoin als sicheres Gut eingestuft werden? In der Theorie wird dies eindeutig bejaht; in der Realität - insbesondere kurzfristig - wird Bitcoin aus verschiedenen Gründen noch nicht einbezogen werden. Es herrscht zum Beispiel ein asymmetrisches Verhältnis zwischen Investitionsvolumen und Verständnis zur dahinterstehenden Technologie.
4. Deutschland avanciert zum Vorreiter bei Krypto-Regulatorik
Die technische und regulatorische Infrastruktur für Blockchain-Innovationen muss ausgebaut werden. Exakt dies schafft die Bundesregierung durch ihre sogenannte “Krypto-Lizenz”, welche zum 1. Januar 2020 in Deutschland in Kraft getreten ist. Demnach können nun Banken, Finanzdienstleister und Börsen mit Bitcoin hantieren, auch im Namen ihrer Kunden. Die Börse Stuttgart hat als Blockchain-Primus mit ihrem Produkt “Bison” den Handel von Bitcoin für Privatanleger ermöglicht. In weniger als einem Jahr hat sie nunmehr fast 100.000 Kunden gewonnen, bei derzeit ca. 1 Million Bitcoin-Besitzern in Deutschland. Auch die Deutsche Börse und andere Unternehmen beschäftigen sich zunehmend intensiv mit dem Bitcoin. Es ist schwer zu glauben, aber mit der neuen “Krypto-Lizenz” ist Deutschland nun in Europa führend.
5. Bildung spielt eine essenzielle Rolle für die Verbreitung der Blockchain-Technologie
Der Bitcoin befindet sich noch immer in einem frühen Stadium seiner Entwicklung. Es wird also noch eine Zeit dauern, bis Bitcoin Gold tatsächlich den Rang abläuft. Zwar sind die architektonischen Voraussetzungen dafür gegeben. Praktisch jedoch muss der Bitcoin weiter in seiner Marktkapitalisierung wachsen. Wie kann das gelingen? Um die Faszination und die Potentiale von Bitcoin nachvollziehen zu können, ist ein tiefes Verständnis der zugrundeliegenden Technologie bzw. der Umweltfaktoren unabdingbar. Ein paar Videos und Zeitungsartikel zum Thema sind nicht ausreichend, um das Konzept und dessen Implikationen greifen und verstehen zu können. Die Nachfrage nach Bitcoin würde steigen, wenn Anleger zunehmend Bitcoin als das verstehen was es ist: elektronisch erzeugte Knappheit.
6. Präzise Prognosen sind schwierig, der Bitcoin bleibt jedoch ein attraktives Thema
Vieles deutet darauf hin, dass der Bitcoin auf eher lange Sicht krisentauglich werden könnte. Hervorzuheben ist seine unverkennbare Ähnlichkeit zu Gold, insbesondere durch die elektronisch erzeugte Knappheit, d.h. dass die Anzahl an Bitcoins technologisch auf die Summe von 21 Millionen begrenzt ist. Hinzu kommt seine digitale Natur, die ihn schnell, sicher, kostengünstig und in kleinsten Mengen transferierbar macht. Ferner ist noch immer davon auszugehen, dass er auch zukünftig nur noch schwach mit klassischen Vermögenswerten korreliert. Ein neuer Aufschwung wird kommen, sobald die Märkte als Antwort auf die Coronakrise mit Geld geflutet werden und Anleger ihr Vermögen wieder sicher platzieren wollen.
Prof. Dr. Philipp Sandner leitet das Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) an der Frankfurt School of Finance & Management, das im Februar 2017 ins Leben gerufen wurde. In den Jahren 2018 und 2019 zählte ihn die Frankfurter Allgemeine Zeitung zu den Top 30 Wirtschaftswissenschaftlern in Deutschland. Nach Angaben der Zeitschrift Capital gehört er auch zu den "Top 40 unter 40". Prof. Sandner war Mitbegründer einer auf Innovation und Technologietransfer spezialisierten Unternehmensberatung. Er arbeitete auch an der Technischen Universität München und der Ludwig-Maximilians-Universität München und forschte am Berkeley Center for Law & Technology. Zuvor studierte er Betriebswirtschaftslehre mit Wirtschaftsinformatik an der Universität Mannheim.
Felix Bekemeier ist Unternehmensberater im Bereich Digital Strategy & Transformation bei der Struktur Management Partner GmbH und Research Fellow am Frankfurt School Blockchain Center (FSBC) der Frankfurt School of Finance & Management. Seine Arbeiten zur Blockchain-Technologie wurden in renommierten Zeitschriften und Magazinen veröffentlicht und zitiert (Capital.de, Tagesspiegel, Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages u.a.). Er studierte Mathematik und Volkswirtschaftslehre in Bielefeld, Köln, Stockholm, London und Mailand und erhielt mehrere Stipendien, u.a. von der Studienstiftung des Deutschen Volkes.