Die Gründerin Maria Sievert über gute Führung, Zeit für sich selbst und zukünftige Chancen
Maria Sievert ist Gründerin und CEO der inveox GmbH. Das Münchner Unternehmen digitalisiert und automatisiert Pathologielabore, in denen zum Beispiel Gewebeproben zur Krebsdiagnose untersucht werden und hilft ihnen, effizienter und sicherer zu arbeiten. In der Krise hat das Startups seine Produktpalette erweitert und beliefert seit April Kliniken und Labore mit Abstrich-Sets zur Diagnose von SARS-CoV-2 sowie Atemschutzmasken und Schutzkleidung.
1. Menschlich führen
Gute Führung zeigt sich dadurch, dass sie Vertrauen vermittelt statt Unsicherheit bei den Mitarbeiter*innen hervorruft. Das zeigt sich mehr denn je jetzt in der aktuellen Krise. Bei Videokonferenzen ist die wichtigste Frage für mich: „Wie gehts euch?“ Ich achte auf Zwischentöne und auch auf diejenigen, die nichts sagen. Danach rufe ich einige Mitarbeiter persönlich an. Ich frage, wie es läuft, und erzähle gelegentlich von meinem Alltag. Das tut beiden Seiten gut. Die Kollegen fühlen sich gesehen, und ich erfahre im besten Fall, wo ich sie mehr unterstützen oder entlasten muss. Fast immer passiert dabei etwas Wunderbares: Trotz der räumlichen Distanz entsteht das Gefühl der Verbundenheit. Ich werde diese Gespräche nach der Krise fortführen. Beim Mitarbeiter verstärkt dies die Zugehörigkeit und gibt ihm Sicherheit, während ich als Führungskraft viel schneller weiß, wo er steht.
2. Socializing bei virtuellen Events
Das Virus führt uns vor, dass Netzwerken, Meetings und Freizeitvergnügen auch ohne unsere physische Anwesenheit funktionieren. Statt Zeit und Geld in Flugreisen zu investieren, treffen wir uns bei globalen Hackathons, virtuellen Konferenzen und Livestream-Yoga im Netz. Ich verabrede mich einmal die Woche mit Freunden via Skype oder Zoom zum Abendessen. Was wir dabei lernen: Virtuell ist mehr möglich, als wir dachten, und es macht auch noch Spaß. Virtuelle Veranstaltungen schonen Ressourcen, und diese Entwicklung wird spannende Innovationen und Geschäftsgründungen hervorbringen.
3. Öfter innehalten
Für mich sind Spaziergänge perfekt, um den Kopf frei zu bekommen und durchzuatmen. Die Pandemie zwingt uns dazu, in einigen Lebensbereichen innezuhalten; dabei fällt uns auf, wie schnell wir uns im Hamsterrad der Arbeit, des Konsums und der sozialen Verpflichtungen gedreht haben. Das Durchatmen hilft zu erkennen, wie wenig wir eigentlich wirklich brauchen.
4. Den Arzt virtuell konsultieren
Mit der COVID-19-Krise steigt die Nachfrage nach digitalen Gesundheitsangeboten. Immer mehr Menschen gehen aus Angst vor einer Ansteckung im ärztlichen Wartezimmer lieber in die Videosprechstunde. Die virtuelle Konsultation schützt auch Ärzte und Pflegepersonal, dämmt die Ausbreitung des Virus ein und stellt die Gesundheitsversorgung sicher. Natürlich hat die Telemedizin ihre Grenzen – der Arzt kann auf diesem Weg kein Blut abnehmen, und auch die Diagnosestellung erschwert die Distanz. In vielen Fällen kann der Arzt aber durchaus eine Erstberatung durchführen und weitere Schritte empfehlen. Die Anforderungen ans Gesundheitswesen werden auch nach der Pandemie hoch sein. Das macht digitale Lösungen wichtiger denn je – für Patienten ebenso wie für Ärzte, medizinisches Personal, Kliniken, Labore und andere Institute im Gesundheitswesen.
5. Aufs Wesentliche konzentrieren
Die neue Heimarbeit-Struktur ist eine Herausforderung, aber auch eine große Chance: Um handlungsfähig zu bleiben, müssen wir alle jetzt Produkte, Prozesse und Organisation neu denken. Als junges Unternehmen fragen wir uns bei inveox schon immer regelmäßig: Was bringt uns weiter, was ist Ballast? Die Konzentration aufs Wesentliche macht Unternehmen zu Entwicklungstreibern. Die Fähigkeit zur kontinuierlichen Neubewertung wird uns auch in der Zeit nach der aktuellen Pandemiewelle nützlich sein, denn es wird auch in Zukunft immer wieder unerwartete Veränderungen und Situationen geben, mit denen wir uns zurechtfinden müssen.