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Die nächste Revolution

Jan Goetz, CEO & Co-Founder von IQM, stellt fünf Geschäftsbereiche vor, die Quantencomputer für Gründer*innen öffnen werden

Seit Google´s Erklärung, “Quantum Supremacy", also eine auf Quantenmechanik beruhende Rechenleistung, erreicht zu haben, erleben Quantencomputer einen neuen Aufwind. Die Versprechen sind groß. Bis dato unmögliche Berechnungen könnten innerhalb von Sekunden gelöst werden, glauben Wissenschaftler. Damit wären neue Formen effektiven Klimaschutzes oder die Entwicklung neuer Medikamente möglich. 

Jan Goetz, CEO & Co-Founder von IQM Quantum Computers, einem der wenigen und führenden europäischen Start-ups, die auf die Herstellung von Quantencomputern spezialisiert sind, erklärt wie die Technologie neue Geschäftsfelder für Start-ups eröffnet. 

1. Bio-, Chemietechnologie und Medizin 

Die Simulation natürlicher Prozesse, wie beispielsweise der Aufbau eines Moleküls, ist für Wissenschaftler eine schwierige Aufgabe. Nicht der Umfang der Datensätze stellt sie hierbei vor Hürden, sondern die Komplexität der Simulation. Angenommen ein Molekül hat 100 Atome. Aus der Sicht eines Datenwissenschaftlers ist das ein relativ kleiner Datensatz, jedoch reicht diese Anzahl an Atomen und Bewegungsabläufen schon aus, um nicht einmal ansatzweise in die Nähe einer Simulation zu kommen. Mit den herkömmlichen Fähigkeiten eines Supercomputers, also Computern mit der höchsten bekannten Rechenleistung, wäre mehr Speicherplatz nötig, als es Atome im Universum gibt. Quantencomputer könnten dabei helfen, schneller Materialien und Arzneimittel zu erforschen. Das eröffnet für Start-ups eine einfachere und kostengünstige Möglichkeit potenzielle Medikamente zu entwickeln und zu testen. Start-ups könnten ihre Berechnungen über Anbieter laufen lassen oder sogar selbst bestimmte Dienstleistungen anbieten.   

2. Cyber-Security 

Die meisten Sicherheitssysteme basieren auf einer asymmetrischen Verschlüsselung. Das bedeutet, es ist mathematisch schwierig, eine große Zahl in ihre Multiplikatoren zu zerlegen. Dieses Faktorisierungsproblem macht man sich bei der Verschlüsselung von Passwörtern zu nutze. Quantencomputer könnten diese Verschlüsselungen umgehen, jedoch ist es ein Trugschluss zu glauben, der erste Quantencomputer wäre bald in der Lage, alle Passwörter der Welt zu knacken, anders als Michael Osborne vom Forschungslabor der IBM in Zürich vor einiger Zeit im Deutschlandfunk warnte. Hierfür bräuchte man die Rechenleistung von vielen Millionen sogenannter Qubits, die vergleichbar mit normalen Bits in Computern sind und die kleinste Speichereinheit im Quantencomputer darstellen. Zum Vergleich: Der Rekord der aktuellen Qubit-Anzahl liegt bisher bei 53 Qubits. Die Chance hier liegt darin, dass wir uns neue Verschlüsselungsoptionen überlegen müssen. Einige Start-ups arbeiten bereits an verschiedenen Lösungsansätzen. 

3. Klimaschutz 

In vielen Lebensbereichen besteht ein großes Potenzial für CO2-Einsparungen. Sei es bei der Entwicklung effizienterer Düngemittel in der Landwirtschaft oder beim Flugverkehr. Den meisten Treibstoffverbrauch hat ein Flugzeug zum Beispiel beim Starten. Den Startprozess könnten Quantencomputer weiter optimieren, indem sie Simulationen mit Tragflächen verbessern und so die Aerodynamik des Flugzeuges optimieren. Dieses Potenzial könnte für Start-ups neue Türen im Klimaschutz und der CO2 Einsparung öffnen.

4. Quantencomputer sind effizienter

Quantencomputer arbeiten energieeffizienter als gängige Computer Rechenzentren. Möchte man die Rechenleistung eines traditionellen Computers verdoppeln, muss vereinfacht gesagt ein doppelt so großer Rechner gebaut werden. Bei einem Quantencomputer reicht es aus, ein Qubit hinzuzufügen, um den zur Verfügung stehenden Zustandsraum zu verdoppeln. Die Skalierung ist damit wesentlich effizienter und könnte zu einem Boom in dieser Branche führen. Denn das bedeutet auch, dass zur Produktion von Quantencomputern benötigte Produktionsstätten, Lieferketten und Komponenten aufgebaut werden müssen. Das eröffnet einen völlig neuen Wirtschaftsbereich für Gründerinnen und Gründer.  

5. “Moonshot” Projekte 

Wir wissen noch gar nicht, was der Quantencomputer alles disruptiv verändern wird. Als der Röhrencomputer entwickelt wurde, hatte noch niemand erwartet, dass wir einmal täglich mit Handys kommunizieren würden oder sich ein Großteil des Lebens online abspielen wird. Diese Situation haben wir auch jetzt. Wir werden erst im Laufe der Zeit neue, unerwartete Innovationen entdecken. Also zum Beispiel Firmen, die Google als “Moonshots” bezeichnet und die die Welt radikal verändern werden. Egal ob es um die Ernährung von zukünftig 10 Milliarden Menschen geht oder die weltweite Nutzung erneuerbarer Energien - Quantencomputer werden nicht nur selbst der nächste Moonshot sein, sondern komplett neue Möglichkeiten eröffnen. 

Jan Goetz ist Mitgründer und CEO der deutsch-finnischen Firma IQM, die Hardware für Quantencomputer entwickelt.